experts-network | Partner | Business-Advisor - Expertenberichte aus der Praxis | Kontakt - Impressum - Datenschutz
M&A Recht - Erfolgreicher Stabwechsel | M2R Ansatz - Architektur einer Unternehmensübergabe | Fördermittel - Starthilfe für die Nachfolge | M&A Recht - Goldene Regeln für den Unternehmensverkauf |







"Goldene Regeln" für einen erfolgreichen Unternehmens verkauf

 

Dr. Thomas Gemmeke, Baker Tilly 
Bernhard Rehbein, Baker Tilly 


1.   Einleitung

 

Der Verkauf eines Unternehmens ist eine komplexe Angelegenheit. Der Käufer verlangt die Durchführung einer umfassenden Unternehmensprüfung (Due Diligence), wünscht Managementpräsentationen oder fordert Haftungsfreistellungen für vermeintliche Risiken. Gerade beim Unternehmenskaufvertrag besteht für den Verkäufer die Gefahr, sich in Details zu verzetteln und sich mit dem Käufer auf Nebenschauplätzen zu duellieren. Dabei ist es gerade bei den Vertragsverhandlungen extrem wichtig, den Blick auf das große Ganze nicht zu verlieren. Die folgenden „Goldenen Regeln" sollen Ihnen helfen, in den Verhandlungen die „Big Points" zu setzen und den Verkauf Ihres Unternehmens zu einem Erfolg zu machen. 

 

2.       Die „Goldenen Regeln"

 

„Golden" nennen wir die Regeln deshalb, weil sie direkt oder indirekt dazu beitragen, dass Sie als Verkäufer am Ende einen maximalen Kaufpreis erzielen und diesen aufgrund überschaubarer Haftungsrisiken auch behalten dürfen. Letztlich sollte sich jeder Verkäufer im Vorfeld insbesondere die folgenden Kernfragen stellen und diese im weiteren Verlauf der Verhandlungen immer wieder reflektieren:

 

     Wie viel vom gebotenen Kaufpreis landet sicher auf meinem Konto?

     Wie stelle ich sicher, dass es tatsächlich zum Vollzug der Transaktion kommt und ich den Kaufpreis erhalte?

     Wie stelle ich sicher, dass meine Haftungsrisiken beherrschbar sind und ich den Kaufpreis auch vollständig behalte?

     Möchte ich mit Vollzug der Transaktion ausscheiden oder bin ich bereit, für eine Übergangszeit dem Unternehmen noch beratend zur Seite zu stehen?

     Was mache ich, wenn die Transaktion nicht vollzogen wird?

 

Aus diesen Fragen leiten sich im Wesentlichen die folgenden Regeln ab:

 

Regel 1: 

Definieren Sie den zu zahlenden Kaufpreis richtig

 

Erfahrene Käufer werden oft einen hohen nominalen Kaufpreis bieten, um dem Unternehmer den Verkauf schmackhaft zu machen. Auf den zweiten Blick finden sich im „Kleingedruckten" jedoch Abzugspositionen und Kaufpreisstrukturen, die den vermeintlich attraktiven Kaufpreis stark relativieren können. Die wichtigsten Spielarten seien im Folgenden skizziert:

 

Der gebotene Kaufpreis stellt sich bei genauerer Betrachtung als Enterprise Value heraus, von dem im Wege einer sog. Cash free/ Debt free-Betrachtung die (Finanz)Verbindlichkeiten (=debt) des Unternehmens abzogen und die Barmittel (=cash) hinzugerechnet werden. Oft wird der so berechnete Kaufpreis noch um den Betrag gemindert, um den das Nettoumlaufvermögen zum Stichtag eine im Kaufvertrag definierte Schwelle unterschreitet (sog. Working Capital Adjustment). Um negative Überraschungen zu vermeiden, ist erhebliche Sorgfalt auf die Bestimmung der Bilanzpositionen zu verwenden, auf deren Basis die Anpassungsbeträge ermittelt werden. Die fehlende Einbindung eines Wirtschaftsprüfers an dieser Stelle rächt sich am Tag der Anpassungszahlung unmittelbar in klingender Münze. Zwischen der Unterzeichnung des Kaufvertrags und dem Vollzug der Transaktion sind die Anpassungspositionen unbedingt operativ zu berücksichtigen – sonst kann es passieren, dass der Erwerb einer dringend benötigten Maschine ohne Abstimmung mit dem Käufer dazu führt, dass die Anschaffungskosten als unmittelbarer Abzugsposten den endgültigen Kaufpreis mindern.

 

Vielfach schlägt der Käufer auch vor, einen Teil des Kaufpreises vom Erreichen bestimmter Ziele abhängig zu machen (sog. Earn Out). Hiermit wird dem Verkäufer die "Chance" gegeben, auch nach der Veräußerung noch an einer positiven Entwicklung des Unternehmens zu partizipieren. Allerdings ist der Verkäufer darauf angewiesen, dass die Zielerreichung durch den Käufer nicht (mehr oder weniger gezielt) unterlaufen wird; aufgrund strategischer und bilanzieller Gestaltungsmöglichkeiten ein Risiko, das trotz umfangreichen Vertragswerks nahezu unbeherrschbar ist.

 

Eine weitere Spielart ist der sog. Besserungsschein. Hierbei erhält der Verkäufer einen Anteil am späteren Weiterveräußerungserlös des Käufers. Da der Verkäufer weder auf den Verkauf als solches noch auf den Verkaufspreis eine Einwirkungsmöglichkeit hat, ist hier besondere Vorsicht geboten.

 


 


 



Schließlich wird mancher Käufer den Verkäufer zur Finanzierung des Kaufpreises auf ein Verkäuferdarlehen ansprechen. Hierbei handelt es sich wirtschaftlich gesehen um nichts anderes als eine teilweise Stundung des Kaufpreises. Unter Umständen bietet der Käufer dem Verkäufer auch eine Rückbeteiligung am Unternehmen an. In beiden Fällen hängt die Kaufpreiszahlung vom weiteren wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens ab; ein Umstand, auf den der Verkäufer aber keinen Einfluss mehr hat.


Es ist daher für Sie als Verkäufer essentiell, dass Sie die Kaufpreiszahlungen mit Ihrem Rechtsanwalt oder Steuerberater im Einzelnen durchrechnen. Sind Sie mit dem Betrag, der am Tag des Vollzugs der Transaktion auf Ihrem Konto eingeht, unter Berücksichtigung der Steuerlast zufrieden, können Sie Kaufpreiselemente wie Earn-Out oder Besserungsschein als „Sahnehäubchen" ruhigen Gewissens akzeptieren. Anderenfalls ist die Kaufpreisstrukturierung nachzuverhandeln. Es gibt Fälle, in denen der Verkäufer bei Vollzug weniger Liquidität erhält, als er an Steuern auf den gesamten Kaufpreis zu zahlen hat.

 

Regel 2: 

Stellen Sie Transaktionssicherheit her

 

Die – zumindest ansatzweise – Prüfung der finanziellen Kapazitäten des Käufers und damit der Fähigkeit, den Kaufpreis tatsächlich auch zu zahlen und die Transaktion durchzuführen, ist die offensichtlichste Maßnahme, die durch einen Verkäufer durchgeführt werden sollte. Hierzu gehört auch das Einfordern einer Finanzierungsbestätigung einer Bank, sollte die Transaktion in wesentlichen Teilen fremdfinanziert werden.

 

Neben diesem rein monetären Faktor gibt es jedoch eine Reihe weiterer Faktoren, mit denen die Sicherheit der Transaktion zu Lasten des Verkäufers aufgeweicht werden kann – regelmäßig zu finden in Form sog. Vollzugsbedingungen. Die gesamte Transaktion ist hierbei jeweils von dem Eintritt (oder auch dem Ausbleiben) spezifischer Bedingungen abhängig. Während ein etwaiger Kartellvorbehalt beide Seiten vor einer nachträglichen Rückabwicklung der Transaktion schützt, versuchen Käufer immer wieder, auch die nachfolgenden bzw. vergleichbare Bedingungen durchzusetzen:


     MAC (Material Adverse Change)-Klausel – kein Vollzug der Transaktion, wenn zwischen Vertragsunterzeichnung und Vollzug ein wesentlich nachteiliger Umstand (der vertraglich genau zu definieren ist) eingetreten ist.

     Finance-Out – kein Vollzug der Transaktion, wenn die beabsichtigte Kreditaufnahme zur Kaufpreiszahlung durch den Käufer scheitert.

     Due Diligence-Out – kein Vollzug der Transaktion, wenn im Rahmen der Due Diligence noch bestimmte Haftungsrisiken o.ä. entdeckt werden.

     Gremienvorbehalt – kein Vollzug, wenn ein bestimmtes Gremium des Käufers die Zustimmung nicht erteilt hat.

 

Für jede einzelne dieser Bedingungen mag es Konstellationen geben, wo deren Verwendung tatsächlich berechtigt ist – nichtsdestotrotz ist ein Verkäufer gut beraten, wenn er diese Bedingungen aus Gründen der Transaktionssicherheit nicht akzeptiert und er es damit selbst in der Hand hat, den Käufer zum Vollzug zu zwingen. Bedenken Sie den Schaden im Hinblick auf Mitarbeiter und Kunden, wenn nach Unterzeichnung des Kaufvertrags und anschließender Pressemitteilung der Verkauf doch nicht zustande kommt.


Regel 3: 
Vermeiden Sie unüberschaubare Rückzahlungsrisiken

 

Der Verkäufer hat zunächst alles richtig gemacht: Der Kaufpreis ist gut verhandelt, alle Bestimmungsparameter sind eindeutig festgelegt, die Transaktion ist vollzogen, das Geld eingegangen – aber trotzdem muss der Verkäufer in den Folgemonaten erhebliche Beträge zurückzahlen. Was ist passiert?

 

Im Zuge der Verhandlungen hat sich der Käufer im Kaufvertrag ein umfangreiches, betragsmäßig nicht begrenztes Paket an Garantien und Freistellungen gewähren lassen, aus dem er nun gegen den Verkäufer vorgeht – im schlimmsten Fall für Verstöße, die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses dem Käufer bereits hinreichend bekannt waren.

 

Auch wenn sich die Gewährung von Garantien nie gänzlich vermeiden lässt, so gibt es eine Reihe von Grundüberlegungen und Instrumentarien, mit denen der Verkäufer eine potentielle Haftung in den Griff bekommt:

 



 

Grundüberlegungen


     Welche Garantien sollen überhaupt abgegeben werden (kann der Käufer das Risiko nicht bereits hinreichend abschätzen und einpreisen)?

     Sind sog. Freistellungen angemessen (direkte Ausgleichspflicht für bereits bekannte bzw. erwartete Zahlungen, z.B. bei Steuer- oder Umweltthemen)?

     Ist ein Kaufpreiseinbehalt (Escrow) für Garantieansprüche auf einem neutralen Drittkonto adäquat (erleichtert dem Käufer die Durchsetzung etwaiger Ansprüche)

 

Instrumentarien


     Vereinbarung von Haftungsausschlüssen für bereits bekannte Garantiefälle (idealerweise durch Zurechnung aller im Rahmen einer Due Diligence vorgelegter Informationen)

     Vereinbarung eines Mindestbetrages, unter denen ein einzelner Garantiefall nicht berücksichtigt wird (de minimis)

     Vereinbarung einer Mindestbetragsschwelle, unter denen auch mehrere Garantiefälle oberhalb der de minimis-Grenze nicht geltend gemacht werden können (sog. Basket) und wenn, dann nur oberhalb dieser Schwelle (Freibetrag)

     Vereinbarung von Haftungshöchstbeträgen (Cap) (generell maximal der gezahlte Kaufpreis, bei operativen Garantien i.d.R. ein geringerer Betrag)

     Vereinbarung von kurzen Verjährungsfristen, nach deren Ablauf keine Ansprüche mehr gestellt werden können.

 

Im Idealfall führt der Verkäufer im Vorfeld der Transaktion eine eigene Due Diligence-Prüfung durch, um etwaige Missstände frühzeitig zu identifizieren und bereits vor Abschluss des Kaufvertrags zu heilen. Damit lässt sich ein Haftungsrisiko massiv eindämmen.

 

Regel 4: 

Denken Sie an das Leben nach dem Verkauf

 

Natürlich steht beim Verkauf die Maximierung des Kaufpreises im Vordergrund. Als erfolgreicher und angesehener Unternehmer sollten Sie aber auch an die Zeit nach dem Verkauf denken:

 

     Sichern Sie Ihre Mitarbeiter über eine Arbeitsplatz- oder Standortgarantie ab, wenn ein massiver Arbeitsplatzabbau durch den Käufer zu befürchten ist und Sie weiter in der Gegend leben wollen. Wie wirkt es, wenn Sie beim nächsten Stadtfest mit einem großen Auto vorfahren, während viele Ihrer ehemaligen Mitarbeiter ihren Job verloren haben?

     Finden Sie eindeutige Regelungen im Kaufvertrag, wenn Ihre Kinder im Unternehmen weiterarbeiten wollen.

     Fordert der Käufer, dass Sie auch nach dem Verkauf für das Unternehmen als Geschäftsführer oder Berater tätig werden? Gehen Sie hierauf nur ein, wenn Sie sich sicher sind, dass Sie mit den auf Käuferseite agierenden Personen auskommen werden und Sie sich ein „Reporten" an den Käufer vorstellen können.

     Haben Sie schon Pläne für ein neues Unternehmen? Dann stellen Sie sicher, dass Sie diesbezüglich keinem vertraglichen Wettbewerbsverbot unterworfen werden.


Regel 5: 

Haben Sie einen Plan B

 

Jeder auch noch so gut geplante Unternehmensverkauf kann scheitern. Für diesen Fall muss vorgesorgt sein:

 

     Vernachlässigen Sie nicht das operative Geschäft, auch wenn Sie gedanklich schon mit Ihrem Unternehmen „abgeschlossen" haben und es durch die Doppelbelastung mit dem Verkaufsprozess schwer fällt.

     Idealerweise haben Sie einen zweiten Käufer zur Hand, der bei Abbruch der Vertragsverhandlungen kurzfristig einspringt.

     Geben Sie besonders sensible Unterlagen erst heraus, wenn die Transaktion sicher ist. Viele Wettbewerber täuschen Interesse an einer Übernahme vor, um sich Ihr Unternehmen (Kunden, Margen, Produkt, Gehälter) genauer anschauen zu können.

 

3.       Zusammenfassung

 

Ein hoher Kaufpreis auf dem Papier entspricht nicht automatisch einem guten Geschäft. Entscheidend ist, was am Ende übrig bleibt. Ein Befolgen der in diesem Beitrag beschriebenen „Goldenen Regeln" erhöht jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass Sie letztlich auf einen erfolgreichen Unternehmensverkauf zurückblicken.

 

Die Autoren Dr. Thomas Gemmeke (Rechtsanwalt, Head of Legal, Partner) und Bernhard Rehbein (Rechtsanwalt, Partner) beraten bei Baker Tilly nationale und internationale Mandanten im Zusammenhang mit Unternehmenstransaktionen (Unternehmenskauf, Unternehmensverkauf und Beteiligungen), insbesondere auch im Bereich der Unternehmensnachfolge.